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11. Sep 2015 40

Franz Wittmann bei der Austrian Rallye Legends - das Voraus-Interview

Der legendäre Franz Wittmann wird beim Shakedown zur Austrian Rallye Legends powered by ARBÖ (Donnerstag, 17. September ab 17.30 Uhr in der Haller Zirnitzarena) wieder einen Rallye-Boliden zünden – wir baten den zwölffachen Staatsmeister zum Interview.
Franz Wittmann ist auch mit 65 ein vielbeschäftigter Mann – der zwölffache Rallye-Staatsmeister leitet im Adamstal einen der größten Golfklubs und ist auch als Golfer viel unterwegs. Als ehemaliger Rallyepilot macht sich Wittmann rar, nur bei ausgesuchten Veranstaltungen wie der Ennstal-Classic oder der deutschen Eifel-Rallye tritt er sporadisch in Erscheinung, zündet den einen oder anderen Boliden aus seiner langen, beispiellosen Karriere.
Für die zweite Ausgabe der Austrian Rallye Legends powered by ARBÖ konnte er sich den Donnerstag freischaufeln: Franz Wittmann wird an diesem Tag wieder einmal ins Cockpit steigen und den Shakedown in der Haller Zirnitzarena bestreiten - schon im Vorjahr, bei der großartigen Premiere der ARL wurde der Shakedown von den Rallyefans geradezu gestürmt.
Im Vorfeld seines großen Auftritts gab Franz Wittmann ein Interview, erklärte den zurzeit anhaltenden Historic-Boom, nahm zur aktuellen Diskussion um eine Öffnung der heimischen Rallye-Staatsmeisterschaft Stellung und machte sich Gedanken um die Gegenwart und Zukunft seines geliebten Sports. Wie immer sprach Wittmann Tacheles – schonungslos und unverblümt

Zur ARL: „Alles wie früher – nur ohne Druck und publikumsnah“ 
Zur ORM: „WRC erlauben – Baumschlager hätte wieder Gegner“ 
Zu WM & Zukunft: „Rallye muss wieder Abenteuer werden“ 
‚Entweder fahre ich richtig Rallye oder gar nicht!‘ – ein Zitat von dir und eine ehrliche Begründung dafür, warum du nur bei ausgesuchten Classic- und Historic-Events ins Cockpit steigst. Für die Austrian Rallye Legends machst du eine Ausnahme – warum? 

Franz Wittmann: Zum einen sicher, weil ich den Veranstalter Kurt Gutternigg mag und seine langjährigen Bemühungen um den Rallyesport begrüße – zum anderen ist die Austrian Rallye Legends eine gesellschaftliche Veranstaltung, bei der wir die alten Autos wieder einmal herzeigen, die goldenen Zeiten des Sports aufleben lassen können. Das Ganze ist sehr publikumsnah organisiert und so können wir den Fans etwas zurückgeben. Es hat sicher auch etwas mit Nostalgie zu tun – zugleich kommen aber auch sehr viele junge Leute, die sich für unsere Ära interessieren. Im Grunde ist bei solchen Veranstaltungen alles so, wie es früher war – nur eben ohne Druck. Es ist eine tolle Veranstaltung, wenngleich es natürlich keine sportliche Veranstaltung, kein sportlicher Wettkampf ist.
Wie erklärst du dir das Phänomen, dass immer mehr Rallyefans zu den historischen Events pilgern? Welche Sehnsucht steckt hinter dem Histo-Boom? 

Franz Wittmann: Die Fans kommen zu solchen Veranstaltungen, weil das zu unserer Zeit noch echter, spannender Rallyesport war! Da gab es fünf bis zehn Piloten, die einander bekämpft haben, zur Jännerrallye kamen 500.000 Fans – was da los war! Das kannst du dir heute gar nicht mehr vorstellen. Da hatte ich als Rallyepilot den gleichen Bekanntheitsgrad wie ein Niki Lauda oder ein Gerhard Berger, da hatte der Rallyesport bei uns noch einen ganz anderen Stellenwert.
Warum ist dieser Stellenwert deiner Meinung nach gesunken? 

Franz Wittmann: Das hat verschiedene Gründe. Erstens stehen die Importeure heute nicht mehr dahinter, sie setzen keine Autos in der heimischen Meisterschaft ein. Zweitens hast du in den Medien, im Fernsehen keine nennenswerte Berichterstattung mehr, weil der Rallyesport in Österreich eintönig geworden ist. Das ist doch seit Jahren nur noch eine Soloveranstaltung von Raimund Baumschlager! Hätten wir nur zwei oder drei Piloten, die um die Meisterschaft kämpfen, wäre das bereits super – zu meiner Zeit hatten wir sechs World Rally Cars… 
Stichwort World Rally Cars: Die heimische Rallye-Staatsmeisterschaft wird derzeit umgehend reformiert – man möchte mit einer Reglement-Öffnung wieder für mehr Artenvielfalt und Teilnehmer sorgen. Jetzt hat Gerwald Grössing eine Zulassung von aktuellen World Rally Cars mit voller Punktberechtigung gefordert – wie ist deine Meinung dazu?

Franz Wittmann: Das würde ich sehr begrüßen! Und auch Raimund Baumschlager müsste eigentlich sagen: ‚Super! Super!‘ Doch ich befürchte, dass er versuchen wird, diese Öffnung zu verhindern. Dabei hätte er in Wahrheit nichts zu verlieren. Er würde trotzdem schneller sein – aber wir hätten wieder mehr Zuschauer. Mundl sollte eigentlich drüberstehen, denn er kann eigentlich nur gewinnen: Wenn er mit dem R5 gegen die WRCs gewinnt, ist er der große Held. Mit seinen Testmöglichkeiten kann er doch jedes private WRC schlagen – er hätte endlich wieder gleichwertige Gegner. Derzeit schießt er mit dem Maschinengewehr auf Spatzen – seine Gegner fahren brav, doch sie verfügen nicht über seine Möglichkeiten. Würden sie Raimund mit WRCs herausfordern, würde das unseren Rallyesport wieder aufleben lassen, es würde wieder etwas in den Zeitungen geschrieben werden. 
Wenden wir uns der internationalen Rallyebühne zu: Die Weltmeisterschaft und speziell die Europameisterschaft scheinen zu stagnieren – woran liegt das und was müsste man ändern, um wieder mehr Interesse zu wecken?

Franz Wittmann: Da ist einfach das Flair verloren gegangen. Es werden immer die gleichen Sonderprüfungen gefahren, zwei bis dreimal fährt man diese Strecken bei einer Rallye. Man ist immer noch zu weit von den Zuschauern entfernt – in den Servicezonen versucht man, wie die Formel 1 aufzutreten. Zugleich lassen sie die Leute mitunter vier bis fünf Kilometer in die Prüfungen hineingehen – das kannst du heutzutage nicht machen. Aber das Hauptübel ist: Wenn immer nur einer gewinnt, interessiert es keinen mehr – das ist wie in der ORM. In der goldenen Zeit wurde die Formel 1 eifersüchtig auf die Rallye-Weltmeisterschaft – weil sich die Rallyes übers ganze Land erstreckt haben, weil es eine Vielfalt gab. Heute versucht man, die Rallye in einen Rundstreckenrahmen zu zwängen – und das ist der falsche Weg. Es gibt keine Typen mehr in der Rallye-WM - keiner traut sich mehr, etwas zu sagen. Einer wie Walter Röhrl hat mit seinen oftmals schonungslosen Sprüchen für Aufmerksamkeit gesorgt – das wollen die Leute hören! Heute ist jeder versucht, ja nichts Negatives zu sagen, man verliert sich in Worthülsen. Und: Früher sind wir bei der Rallye Monte Carlo mit Slicks den Berg rauf gefahren, haben oben in 1,5 Minuten Reifen gewechselt und sind auf der anderen Seite mit Spikes wieder runtergefahren – was glaubst du, was da los war? Das war ein Spektakel!
Letzte Frage: Wie siehst du den Rallyesport in zehn bis zwanzig Jahren? 

Franz Wittmann: Hoffentlich wird der Rallyesport dann nicht noch mehr kastriert sein, wie er es jetzt schon ist. Vielleicht wird es weniger Rallyes geben – aber in Ländern wie Finnland, Frankreich oder Spanien wird es immer Rallyes geben, davon bin ich überzeugt. Der Rallyesport muss sich öffnen – er muss wieder zu einem Abenteuer werden. 
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